Hugo-Junkers-Preis 2023: Universitätsmedizin Halle erzielt 1. Platz und 3. Platz für Innovationen in der Grundlagenforschung

Mehrere gläserne Quader stehen als Preispokale auf einem Tisch aneinander gereiht. Auf einem ist die Prägung "Hugo Junkers Preis" und "1. Platz" deutlich zu erkennen.

Der Hugo-Junkers-Preis 2023 wurde am 07. Juni im Schloss Köthen verliehen (Foto: IMG/Unrau)

Ausgezeichnete Forschung: Zwei Projekte der Universitätsmedizin Halle wurden mit dem Hugo-Junkers-Preis 2023 in der Kategorie „Innovativste Vorhaben der Grundlagenforschung“ gewürdigt. Den ersten Platz erzielte ein Kooperationsprojekt für neue Therapieoptionen bei verschiedensten Augenerkrankungen (zum Video). Platz drei belegte ein Kooperationsprojekt, das die Rolle von Endogenen Retroviren bei der Entstehung neurologischer Erkrankungen untersucht und daraus neue Behandlungsansätze entwickelt. Der Hugo-Junkers-Preis ist mit insgesamt 80.000 Euro Preisgeld der höchstdotierte Innovationspreis Sachsen-Anhalts. In diesem Jahr gingen 60 Bewerbungen in vier Kategorien ein, wovon 19 nominiert wurden.

Langsame Wirkstoffabgabe für schnell heilende Augen

Für bessere Therapien bei Augenerkrankungen forscht das Team der Klinik für Augenheilkunde der Universitätsmedizin Halle um Dr. Joana Heinzelmann und Prof. Dr. Arne Viestenz gemeinsam mit der Gruppe um Prof. Dr. Karsten Mäder vom Institut für Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Mit dem Projekt „Hydrogelformende Nanofasern“ ist es den Forschungsgruppen gelungen, die Behandlung über eine langsame Freisetzung von Wirkstoffen zu optimieren. „Augentropfen verbleiben nur zum Bruchteil im Auge und können ihre Wirkung dann nur kurz entfalten“, erklärt Klinikdirektor Prof. Viestenz. Besonders bei schweren Infektionen müsse deshalb sehr häufig getropft werden, was mit Nebenwirkung verbunden und pflegerisch kaum leistbar sei. Die Lösung: sterile Kontaktlinsen aus Nanovlies mit Wirkstoffdepot. „Diese Kontaktlinsen haben ein feines Maschenwerk, in das Medikamente eingesponnen sind. Auf der Augenoberfläche werden sie innerhalb weniger Sekunden durchsichtig - man sieht sofort. Im Gegensatz zum Tropfen wird der Wirkstoff kontinuierlich freigesetzt“, so Viestenz weiter.

Erste Versuche an einer Pilzerkrankung, die die Augenhornhaut befallen kann, zeigten die Effektivität des neuen Verfahrens. Doch nicht nur bei Pilzinfektionen, sondern auch bei bakteriellen Erkrankungen oder dem Grünen Star ließen sich solche Kontaktlinsen anwenden. „Wir danken der MLU und dem Land dafür, dass dieses Kooperationsprojekt entstehen konnte. Es zeigt deutlich, wie fruchtbar die Zusammenarbeit im Forschungszentrum für Arzneimitteltherapie Halle ist, das mit großer Unterstützung von der Rektorin und den Dekan:innen der Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Fakultät sowie dem Wissenschaftsministerium in diesem Jahr eröffnet wurde. Wir sind sehr dankbar, dass Forschung in unserem Bundesland so gefördert wird“, betont Viestenz. Für die Erstplatzierung erhielt das Team 10.000 Euro Preisgeld. „Mit dem Geld laden wir die Teams der Pharmazie und Universitätsmedizin im Herbst ein, den Wald im Harz mit aufzuforsten – denn große Dinge beginnen immer erst im Kleinen.“

Uraltes Erbe: Endogene Retroviren als Ursache neurologischer Erkrankungen?

Im Laufe der Evolution haben bestimmte Viren ihre genetische Information in das menschliche Erbgut integriert - sogenannte humane endogene Retroviren (HERV). Daraus entstehen zwar eigentlich keine infektiösen Viren mehr, aber häufig noch Ribonukleinsäuren und unter Umständen Proteine. Welche Rolle diese Proteine in der Entstehung neurologischer Krankheiten wie Multiple Sklerose spielen, untersuchen an der Universitätsmedizin Halle Prof. Dr. Martin S. Staege, Leiter des Forschungslabors der Pädiatrie I, und Dr. Alexander Emmer von der Klinik für Neurologie gemeinsam mit Dr. Holger Cynis vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI). „Bis auf wenige Ausnahmen wird die Bildung von HERV-Proteinen normalerweise unterbunden. Es zeigte sich jedoch, dass deren Bildung bei Autoimmun- und Tumorerkrankungen oder gewissen Umweltfaktoren doch aktiviert sein kann“, erläutert Martin S. Staege.

Deshalb arbeitet das Team um Martin S. Staege, Alexander Emmer, der auch Chefarzt der Klinik für Neurologie in Celle ist, und Holger Cynis vom IZI an der Entwicklung von therapeutischen Antikörpern. Diese sollen speziell Proteine der Virushülle von HERV erkennen und gegebenenfalls neutralisieren können. „Zur Entwicklung neuer Therapieansätze brauchen wir ein besseres Verständnis der Rolle von HERV-Proteinen“, so Martin S. Staege. Mit ihrem Projekt „Endogene Retroviren als Zielstrukturen für neue Therapien gegen neurologische Erkrankungen“ erzielten sie den dritten Platz des Hugo-Junkers-Preises 2023 und erhielten ein Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro.